Während in den Regalen der Supermärkte rund ums Jahr die gleichen Früchte liegen, schenkt die Natur im Herbst eine Vielfalt an wilden, ursprünglichen Obstsorten, oft übersehen, manchmal unbekannt, aber voller Geschmack, Kraft und Geschichte. Wer mit offenen Augen durch Hecken, Wälder und Wiesen geht, entdeckt sie jetzt: kleine Früchte, leuchtend, bitter, herb oder säuerlich und mit überraschend wertvollen Eigenschaften für die Küche und Hausapotheke.
Wildfrüchte im Oktober
Ob als Mus, Likör, Gelee oder getrocknet, das Sammeln und Verarbeiten dieser Wildfrüchte ist nicht nur eine wunderbare Herbstaktivität, sondern auch ein bewusstes Zurück zur Natur. Sechs Wildfrüchte verdienen dabei besondere Beachtung: Sie wurden früher ganz selbstverständlich genutzt und bieten auch heute, richtig bestimmt und verarbeitet, eine sinnvolle Ergänzung für die Selbstversorgung im Herbst.
Schlehe – Herb, frostliebend und stärkend
Die Schlehe (Prunus spinosa) ist ein Klassiker unter den Wildfrüchten, aber dennoch weitgehend in Vergessenheit geraten. Die kleinen, blau bereiften Steinfrüchte wachsen dicht an dornigen Hecken und Sträuchern. Ihre Erntezeit beginnt ab Oktober, aber erst nach dem ersten Frost oder nach künstlichem Frosteinwirken (mindestens 24 – 48 Stunden im Gefrierfach) entfalten sie ihre vollen geschmacklichen Qualitäten. Vorher sind sie unangenehm herb und zusammenziehend, was an den hohen Gehalt an Gerbstoffen liegt. Durch Frost wird die Parasorbinsäure teilweise abgebaut und die Früchte weicher, milder, leicht süßlich.
Erkennbar ist die Schlehe an ihren langen, dornigen Trieben, kleinen länglichen Blättern und den dicken, kugeligen Früchten mit blauer Bereifung. Die Frucht enthält einen Stein und ist rund 1 cm groß. Die Schlehe ist mit der Pflaume verwandt, wächst jedoch als Wildform. In der Küche kann man sie zu Sirup, Fruchtmus, Gelee oder Likör verarbeiten. Besonders beliebt ist selbst gemachter Schlehenlikör mit Gewürzen wie Zimt und Nelke. Auch als Beigabe zu Wildgerichten oder in einer herbstlichen Chutneymischung zeigt die Frucht ihr volles Aroma. Traditionell wurde sie zur Stärkung des Immunsystems und zur Unterstützung bei Erkältungen, Magenbeschwerden oder Durchfall eingesetzt. Die enthaltenen Gerbstoffe wirken adstringierend, die Anthocyane antioxidativ.
Rezeptidee: Schlehenmus mit Apfel und Zimt
- 500 g entsteinte Schlehen (nach dem Frost gesammelt)
- 2 säuerliche Äpfel
- 100 ml Wasser
- 2 EL Honig oder Ahornsirup
- 1 TL Zimt
Alles in einem Topf 20 Minuten weichkochen, pürieren und heiß in Schraubgläser füllen. Kühl gelagert mehrere Wochen haltbar.
Inspirationen für den Oktober in unserem Wildkräuter Magazin
Viele kulinarische sowie naturheilkundige Rezepte, Pflanzenportraits und Inspirationen rund um die Welt der Wildkräuter und Heilpflanzen, findest du in unserem eigenen Kräuterkeller Magazin (hier erhältlich). In der aktuellen Herbstausgabe findest du auch diesen Beitrag mit den Wildfrüchten zum Nachlesen. Mit unserem Abo verpasst du keine der kommenden Ausgaben und hast diese automatisch zum Erscheinungstermin in deinem Briefkasten. Das Abo ist ebenfalls in unserem Shop unter www.die-moderne-Kräuterhexe.de erhältlich.
Mispel – Die braune Frucht, die nach dem Frost weich wird
Die Mispel( Mespilus germanica) ist eine der ältesten Obstsorten Mitteleuropas, heute aber kaum noch bekannt. Ihre bräunlichen, apfelähnlichen Früchte mit offener Kelchmulde sehen auf den ersten Blick wenig appetitlich aus. Erst wenn sie weich werden, idealerweise durch natürlichen Frost oder längere Lagerung (etwa zwei Wochen bei Zimmertemperatur), sind sie genießbar. Dieser Reifungsprozess wird „Mederwerden“ genannt. Dabei verändert sich die Konsistenz zu marmeladenartig, und der Geschmack wird süßlich und mildsäuerlich.
Sammeln kann man Mispeln ab Oktober, oft hängen sie noch bis in den November hinein an den Sträuchern oder Bäumen. Sie sind erkennbar an der rundlichen Form (etwa 2 – 4 cm groß), der lederbraunen Farbe und der charakteristisch offenen Kelchöffnung am Fruchtende. Die Mispel wächst in lichten Hecken oder alten Gärten, oft verwildert. Verwendung findet sie vor allem als Kompott, Fruchtaufstrich oder als Begleiter zu Wildgerichten. Ihr süß-säuerlicher Geschmack harmoniert gut mit Zimt, Vanille oder Nelken. Auch Fruchtmus aus Mispeln lässt sich hervorragend einfrieren. Heilkundlich wurde die Mispel früher bei Verdauungsbeschwerden, zur Kräftigung und zur Regulation von Durchfall verwendet. Sie enthält Gerbstoffe, Pektin, Kalium und Vitamin C.
Rezeptidee: Mispelkompott mit Vanille
Reife, weiche Mispeln (ca. 500 g) mit einem Löffel auslöffeln, mit 100 ml Apfelsaft, 1 EL Zitronensaft und einer halben Vanilleschote kurz aufkochen. Nach Belieben mit Zimt oder Nelken verfeinern. Passt gut zu Joghurt, Porridge oder Wildfleisch.
Wildkräuter im Oktober haltbar machen
Viele Rezepte, um Wildkräuter im Herbst haltbar zu machen, findest du in unserem Buch „Wildkräuter haltbar machen“ (hier erhältlich). Man kann im Moment viele Pflanzen trocknen, sie luftdicht verschließen und am besten dunkel und kühl gelagert aufbewahren, bis man sie in der dunkleren Jahreszeit für Hausmittel benötigt. Eine Übersicht, wie man Wildkräuter am besten haltbar machen kann, findet man neben vielen Rezepten im Buch, welches es in unserem eigenen Shop unter www.die-moderne-Kräuterhexe.de gibt.
Eberesche / Vogelbeere – Bitter, schön und vielseitig
Die Eberesche (Sorbus aucuparia), besser bekannt als Vogelbeere, wird oft als giftig bezeichnet, zu Unrecht, denn gekocht oder getrocknet ist sie ungiftig und essbar. Der Irrtum rührt von der enthaltenen Parasorbinsäure, die roh zu Magenreizungen führen kann. Durch Erhitzen oder längere Trocknung wandelt sie sich in gut verträgliche Sorbinsäure um. Geerntet wird ab September bis in den November, wenn die kleinen, orange-roten Beeren weich und kräftig gefärbt sind. Man erkennt die Eberesche an ihren gefiederten Blättern mit vielen kleinen Einzelblättchen und den typischen Beerenrispen.
Vorsicht bei der Bestimmung: Es gibt ungenießbare Zierformen mit mehligen, untypisch großen Beeren. Die Verwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: Die Beeren eignen sich für Gelee, Sirup, Likör oder Chutney, am besten in Kombination mit süßen Früchten wie Äpfeln oder Birnen. Auch getrocknet oder kandiert lässt sich die Vogelbeere haltbar machen. In der Volksheilkunde wurde sie bei Heiserkeit, Halsschmerzen, zur Förderung der Verdauung und bei leichten Entzündungen der Mundschleimhaut eingesetzt. Sie ist reich an Vitamin C, Carotinoiden, Sorbit und Gerbstoffen.
Rezeptidee: Vogelbeer-Chutney mit Apfel
- 200 g Vogelbeeren (blanchiert oder tiefgefroren)
- 2 Äpfel
- 1 kleine Zwiebel
- 1 EL Rosinen
- 1 EL Apfelessig
- 2 EL Zucker
- etwas Ingwer
- Zimt und Salz
Alles einkochen, bis es dick wird. Passt gut zu Käse oder als herbstlicher Brotaufstrich.
Weißdorn im Oktober – Herzfrucht mit Geschichte
Weißdorn (Crataegus monogyna, C. laevigata) ist vor allem als Heilpflanze bekannt, doch auch die kleinen roten Früchte sind essbar. Sie reifen ab September bis in den November, sind rundlich bis oval, mehlig, mild und nur leicht süß. Sie schmecken roh eher unspektakulär, entfalten ihr Potenzial aber gekocht, etwa als Mus oder Sirup. Die Kerne sollten jedoch nicht zerkaut werden, da sie geringe Mengen Blausäure enthalten. Zu erkennen ist der Weißdorn an seinen tief gelappten, eichenblattartigen Blättern, weißen Blüten im Frühjahr und den leuchtend roten Früchten in kleinen Dolden. Die Sträucher wachsen an Hecken, Waldrändern und in der Nähe alter Wege. Verarbeiten kann man Weißdornfrüchte zu Fruchtmus (oft mit Apfel gemischt), Tee, Likör oder in Kombination mit Hagebutten zu einem herzstärkenden Aufguss. Auch als feines Wildfrucht-Püree oder mit Honig als Brotaufstrich ist Weißdorn ein Genuss. Medizinisch wird Weißdorn seit Jahrhunderten zur Kräftigung des Herzens, zur Unterstützung des Kreislaufs und bei nervöser Unruhe eingesetzt. Die Früchte enthalten Flavonoide, OPC und Vitamin C.
Rezeptidee: Weißdorn-Apfelmus
- 300 g entkernte Weißdornfrüchte
- 2 Äpfel
- 100 ml Wasser
- 1 TL Zitronensaft
Alles weichkochen, durch ein Sieb streichen. Nach Geschmack mit etwas Honig süßen. Im Kühlschrank 5 – 7 Tage haltbar oder heiß abfüllen.
Entdecke die Kraft der Wildkräuter im Herbst
In der Natur kann man fast das ganze Jahr über tolle Wildkräuter und Heilpflanzen entdecken und sammeln. Dies kann auch ein wichtiger Beitrag zur Selbstversorgung sein. Uns ist wichtig, dass altes Wissen über diese Pflanzen nicht verloren geht. Es setzt eine gewisse Kenntnis voraus, um Pflanzen sicher bestimmen zu können. Unser Wildkräuterbuch „Mit Wildkräutern und Heilpflanzen durchs ganze Jahr“ (hier erhältlich) eignet sich dabei hervorragend für alle Einsteiger und Freunde der Wildkräuter. Darin werden ausschließlich heimische Wildkräuter vorgestellt. Wir haben sie selbst dokumentiert und erklären, wie man sie erkennen, aber auch in der Küche und der Hausapotheke nutzen kann. Unsere Bücher, unser Saisonkalender und unsere Startersets sind in unserem eigenen Kräuterhexen – Onlineshop unter www.die-moderne-Kräuterhexe.de erhältlich.
Kornelkirsche – Die vergessene Delikatesse unter den Wildfrüchten
Die Kornelkirsche (Cornus mas) gehört botanisch nicht zu den echten Kirschen, erinnert aber im Aussehen und Geschmack an sie. Ihre leuchtend dunkelroten, länglichen Früchte reifen ab Ende August bis in den Oktober hinein. Sie sollten nur gesammelt werden, wenn sie vollständig weich sind. Am besten lässt man sie selbst vom Strauch fallen, denn unreif sind sie sehr sauer und hart. Der Strauch ist gut erkennbar: Er trägt im Frühling bereits vor dem Laubaustrieb gelbe Blüten, im Herbst die dunklen, olivförmigen Früchte, oft in kleinen Büscheln. Die Blätter sind ganzrandig, eiförmig und glänzend.
Verwendung finden reife Kornelkirschen als Gelee, Konfitüre, Fruchtleder oder auch eingelegt in Essig, ähnlich wie Oliven. Der Geschmack ist intensiv, süß-säuerlich und aromatisch. Wirkstoffe wie Vitamin C, Anthocyane und Gerbstoffe machen die Kornelkirsche zu einer idealen Frucht zur Immunstärkung im Herbst. Sie galt früher als fiebersenkend und stopfend bei Magen-Darm-Beschwerden.
Rezeptidee im Oktober: Kornelkirsch-Gelee
500 g reife Kornelkirschen mit 250 ml Wasser aufkochen, 20 Min. köcheln lassen, dann durch ein feines Sieb oder Tuch pressen. Den Saft mit Gelierzucker (2:1) nach Packungsanleitung zu Gelee kochen. Aromatisch, fruchtig und tiefrot.
Hagebutte – Die leuchtend rote Königin des Oktobers
Kaum eine Wildfrucht ist so bekannt, beliebt und vielseitig. Die Hagebutte (Rosa spp.) ist die Sammelfrucht verschiedener Wildrosenarten, allen voran der Hundsrose (Rosa canina). Sie ist essbar, jedoch nur nach sorgfältiger Vorbereitung, denn die feinen Härchen im Inneren der Frucht können Haut und Schleimhäute reizen und sollten daher immer entfernt werden. Erkennbar sind Hagebutten an ihrer länglichen bis rundlichen Form, ihrer glänzend roten Schale und dem oft noch vorhandenen, getrockneten Blütenrest an der Spitze. Die Fruchthaut ist reich an sekundären Pflanzenstoffen wie Flavonoiden, Carotinoiden und besonders viel Vitamin C (deutlich mehr als in Zitronen).
In der Naturheilkunde gelten Hagebutten daher als kräftigende Immunstärker. Zudem enthalten sie Gerbstoffe, Pektin und Galaktolipide, denen entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben werden. In der Küche lassen sich Hagebutten auf vielfältige Weise nutzen: als Mus, Gelee, Sirup, Tee oder in herzhaften Chutneys. Auch getrocknet als Tee oder Pulver behalten sie ihre wertvollen Inhaltsstoffe. Wichtig ist, nur vollreife Früchte zu sammeln. Sie sind dann leicht weich und lassen sich besser verarbeiten. Besonders beliebt ist Hagebuttenmark, das sich mit Äpfeln oder Birnen zu einem fruchtigen Aufstrich kombinieren lässt.
Sammeln im Oktober mit allen Sinnen
Wer im Herbst durch die Natur streift, entdeckt eine Welt jenseits von Apfelplantagen und Supermarktobst: bitter, herb, sauer, urwüchsig, aber voll von Kraft und Potenzial. Das Sammeln und Verarbeiten dieser wilden Früchte bedeutet, sich mit der Jahreszeit zu verbinden. Jede Frucht erzählt ihre eigene Geschichte, verlangt Aufmerksamkeit, Respekt und schenkt dafür Geschmack, Gesundheit und tiefe Naturerfahrung. Beim Sammeln wilder Früchte sollte man nie alles ernten, was man findet. Viele dieser Sträucher und Bäume bieten auch Nahrung und Lebensraum für Tiere, besonders im Herbst, wenn Vögel, Eichhörnchen und Insekten sich auf den Winter vorbereiten. Es ist sinnvoll, nur so viel mitzunehmen, wie man wirklich verarbeiten kann. Ein bewusster Blick auf die Umgebung, das Stehenlassen einzelner Rispen und das Respektieren natürlicher Kreisläufe gehören zum achtsamen Umgang mit der Natur. So bleibt die Wildnis für alle lebendig, auch für kommende Jahre. Nicht jede dieser Wildfrüchte ist roh genießbar. Viele entfalten ihre Wirkung erst durch Kochen, Einfrieren oder Trocknen. Wer sich langsam herantastet, gut bestimmt und alte Rezepte ausprobiert, wird mit Vorräten, die Kraft geben, mit Tradition, die wieder lebendig wird, und mit dem Gefühl, im Einklang mit dem Jahreskreis zu leben, belohnt.
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