Er wächst an Wegen, auf kargen Böden und manchmal direkt vor unserer Haustür – doch in der modernen Pflanzenforschung rückt der Beifuß zunehmend in den Mittelpunkt. Besonders der einjährige Beifuß (Artemisia annua) weckt aktuell das Interesse von Wissenschaftlern weltweit. In vielen Kulturen als traditionelles Heilmittel bekannt, zeigt sich nun, dass diese unscheinbare Pflanze auch unter Laborbedingungen spannende Eigenschaften besitzt. Dabei geht es nicht um einfache Hausmittel – sondern um ein fundiertes Interesse an seinen sekundären Pflanzenstoffen und antioxidativen Eigenschaften.
In diesem Beitrag schauen wir auf die aktuelle Forschung rund um Beifuß, seine Inhaltsstoffe, seinen Platz in der Volksheilkunde und wie man ihn im Alltag sinnvoll nutzen kann.
Einjährige Beifuß (Artemisia annua) – eine Pflanze im Rampenlicht
Der einjährige Beifuß stammt ursprünglich aus Asien, wurde aber in vielen Ländern kultiviert. Er enthält eine Vielzahl bioaktiver Substanzen, darunter:
- Artemisinin – ein natürliches Sesquiterpenlacton
- Flavonoide und Polyphenole – sekundäre Pflanzenstoffe mit antioxidativem Potenzial
- Ätherische Öle – insbesondere Kampfer, Cineol und Thujon
- Bitterstoffe – wichtig für die Verdauung und den Appetit
Besonders hohe Aufmerksamkeit erhält Artemisia annua aufgrund seines Gehalts an Artemisinin. Dieser Wirkstoff wurde 2015 mit dem Medizin-Nobelpreis gewürdigt, weil er die Basis für moderne Malaria-Medikamente bildet. Das bedeutet nicht, dass die Pflanze selbst eine medizinische Wirkung garantiert – wohl aber, dass sie eine spannende Ausgangsbasis für die medizinische Forschung bietet.
Antioxidantien und ORAC-Wert
Neben Artemisinin stehen die antioxidativen Eigenschaften im Fokus. Der sogenannte ORAC-Wert (Oxygen Radical Absorbance Capacity) ist ein Maß für die Fähigkeit eines Stoffes, freie Radikale zu neutralisieren. Freie Radikale entstehen durch Stress, Umweltbelastung und Stoffwechselvorgänge im Körper und stehen in Verbindung mit Alterungsprozessen und Zellschäden.
Artemisia annua weist einen sehr hohen ORAC-Wert auf. In Studien wurde gemessen, dass der Pflanzenextrakt in der Lage ist, oxidative Prozesse zu verlangsamen – was vor allem für Präventionsansätze in der Forschung bedeutsam ist.
Was sagt die Wissenschaft zu Beifuß?
In verschiedenen Forschungsbereichen wird der einjährige Beifuß inzwischen näher untersucht. Zu den derzeit intensiv untersuchten Themen zählen:
- Malaria: Artemisinin ist als Arzneistoff anerkannt.
- Borreliose: In Tierversuchen mit Mäusen zeigte sich in Einzelfällen eine vielversprechende Wirkung, allerdings sind weitere Studien nötig.
- Diabetes und metabolisches Syndrom: Erste Laborstudien deuten auf eine mögliche regulierende Wirkung auf den Blutzuckerspiegel hin.
- Entzündungsprozesse und Autoimmunerkrankungen: Hier wird der Einfluss von Flavonoiden und ätherischen Ölen erforscht.
Wichtig: Diese Forschung ist experimentell und nicht auf die Einnahme von selbst gesammeltem Beifuß übertragbar. Trotzdem zeigt sie, welches Potenzial in unseren heimischen Pflanzen steckt – wenn sie verantwortungsvoll und fachkundig genutzt werden.
Beifuß in der Volksheilkunde: Altbewährt bei Verdauung & Zyklus
Unabhängig von der modernen Forschung hat Beifuß – besonders der mehrjährige, bei uns heimische Artemisia vulgaris – eine lange Geschichte in der Volksmedizin. Seine bitteren Inhaltsstoffe gelten traditionell als hilfreich für die Verdauung, besonders bei fettigen oder schweren Speisen. Daher ist er als Gewürz zur Weihnachtsgans oder Ente bis heute beliebt.
Beifuß wurde auch als „Frauenkraut“ bezeichnet. In der Volksheilkunde galt er als Pflanze, die bei Zyklusunregelmäßigkeiten, Wechseljahresbeschwerden oder zur Geburtsvorbereitung unterstützend wirken konnte. Das liegt unter anderem am enthaltenen Thujon, einem Bestandteil des ätherischen Öls, der in höheren Mengen jedoch toxisch sein kann. Deshalb ist Vorsicht geboten: Beifußtee sollte nicht in der Schwangerschaft und nicht dauerhaft konsumiert werden.
Zubereitung als Tee
Für den Teeaufguss eignen sich Blätter und Blüten, frisch oder getrocknet. Die empfohlene Zubereitung:
- 1 TL Beifußkraut mit 200 ml heißem Wasser übergießen
- 10–15 Minuten zugedeckt ziehen lassen
- Nach Geschmack mit Minze oder Zitronenmelisse verfeinern
Kurartig über ein bis zwei Wochen angewendet, kann Beifuß den Magen sanft anregen. Danach empfiehlt sich eine Pause.
Wild oder kultiviert – wo findet man Beifuß?
Der bei uns wild wachsende mehrjährige Beifuß ist häufig an Wegesrändern und auf Schuttflächen zu finden. Er kann gesammelt, getrocknet und als Gewürz oder Tee genutzt werden. Der einjährige Beifuß (Artemisia annua) ist dagegen seltener. Man kann ihn selbst im Garten ziehen – mit etwas Glück erhält man Saatgut online oder über spezialisierte Tauschbörsen.
Beim Sammeln ist wichtig: Nur Pflanzen aus sauberen, unbelasteten Gebieten verwenden. Die Blütezeit ist je nach Sorte von Juli bis September.
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Fazit: Eine Pflanze mit Geschichte und Zukunft
Ob wild oder kultiviert – Beifuß zeigt eindrucksvoll, wie viel Kraft in heimischen Pflanzen steckt. Die moderne Forschung bestätigt, was die Volksheilkunde über Generationen beobachtet hat: Dass diese Pflanze mehr Aufmerksamkeit verdient. Sie ist kein Allheilmittel, aber ein wunderbares Beispiel dafür, wie Natur, Kultur und Wissenschaft sich begegnen. Wer Beifuß bewusst verwendet, kann Teil dieser spannenden Geschichte werden – mitten im Alltag, mit wachem Blick und Respekt vor dem, was wirklich wirkt.






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